Vom Dorfverein zum Bundesligisten
Erinnerungen von Karl-Heinz Fette

Im Jahre 1958 spielte sich in Wöhren das ländliche Leben der jungen Menschen hauptsächlich im Dorfmittelpunkt „Wöhrener Krug" ab. Viele junge Gäste suchten eine sportliche Herausforderung. Natürlich war der Fussball auch in Wöhren am populärsten, aber dazu benötigte man 11 Spieler. Das wäre schon schwierig gewesen, die regelmässig zusammen zu bekommen, ausserdem war kein Sportplatz vorhanden. Nach Eidinghausen wollte man auf gar keinen Fall gehen, also musste der Schulhof herhalten. Faustball war für unsere Ortsgrösse der ideale Sport, zumal einige Spieler schon durch Arbeitskollegen beim MTV Bad Oeynhausen und TuS Volmerdingsen erste Erfahrungen gesammelt hatten. Der Schulhof, halb geteert, halb Rasen diente als Spielfläche. Als Stangen wurden die Korbballständer der Schule ausgeliehen. Dass das Spielfeld etwas zu klein war störte niemanden. Es wurden erste Turniere besucht, jedoch mit unterschiedlichem Erfolg. Einmal passiert etwas, was hätte nie passieren dürfen, die 2. Mannschaft gewann im Endspiel gegen die eigene Erste. Natürlich war der Schiedsrichter schuld und hinterher im Vereinslokal setzten sich beide Mannschaften an getrennte Tische und es wurde tagelang nicht miteinander gesprochen.

1960 trat der Verein dann dem Deutschen Turnerbund (DTB) bei und die ersten Punktspiele konnten durchgeführt werden. Im gleichen Jahr wurde auch unsere 1. Schülerfaustballabteilung gegründet. Ich erinnere mich noch genau: An einem Samstagmorgen standen mit einmal Ernst Stallmann, Kurt Herbote und Heinz Garen in der Schulklasse und baten unserem verduzten Lehrer, mit den Kindern sprechen zu dürfen. Sie erklärten uns, dass sie eine Schülerfaustballmannschaft gründen möchten und am Samstagnachmittag solle das erste Training stattfinden. Natürlich zeigten sich alle begeistert und das war der Anfang, der bis heute so erfolgreichen Schüler- und Jugendabteilung.

 Für heutige Verhältnisse mussten die Erfolge von damals eher als bescheiden angesehen werden. Ein erster Höhepunkt war der Aufstieg der Männermannschaft in die Landesliga. Aber auch im Jugendbereich zeigten wir uns sehr aktiv und bekamen so namhafte Gegner wie TV Neubeckum, TV Tecklenburg, TV Wiedenbrück oder MTV Minden vorgesetzt. Einmal hatten wir uns Mitte der 60er Jahre für die Westfalenmeisterschaft qualifiziert, aber gleichzeitig fand an dem Sonntag Konfirmation statt und dadurch fehlten einige Spieler. Wir waren gezwungen, einen 28jährigen in der Jugend mitspielen zu lassen. Natürlich ein schlimmes Vergehen der Spielordnung. Aber es ist niemanden aufgefallen. Der „Werni" hat seine Sache damals sehr gut gemacht und heute wird diese Anekdote immer wieder zu vorgerückter Stunde hervor geholt.

Überregional erfolgreich trat der Verein das erste Mal 1968 in Erscheinung. Wir konnten die Landesligameisterschaft erringen. Die Mannschaft K.-H. Galle, E. Vahle, W. Nolting, K.-H. Fette,  H. Nottmeier, H. Steineberg, M. Wegener und P. Taibl musste dann Aufstiegsspiele zur Verbandsliga in Hagen bestreiten. Es regnete die gesamte Spielzeit in Strömen. Ein Spieler hatte seine Stollenschuhe vergessen und wir kamen mit den Bodenverhältnissen nicht zurecht. So wurden alle Spiele leider verloren.

Die Anzahl der einzelnen Mannschaften im Verein wurden immer größer. So gab es inzwischen eine Altersklassenmannschaft und auch junge Mädchen wollten Faustball spielen und wir bekamen so unsere l. Frauenmannschaft.

Im Schülerbereich hatten wir das Glück, dass Anfang der 70er Jahre Kinder heranwuchsen, die alle in der Nähe unseres Schulhofes wohnten und auch nachmittags zusammen Sport treiben konnten. Unser damaliger Spielwart, Erich Vahle, der ja direkt neben dem Schulhof wohnte, hatte schnell erkannt, dass hier talentierte Sportler heranwuchsen und nahm diese Schüler unter seine Fittiche. Schon bald zeigten die Kinder technisch hervorragenden Faustball und der erste Auftritt war das Kinderturnfest in Wulferdingsen. Die Mannschaft von damals hiess R. Frenzel, H.-J. Grab, R. Vahle,        H. Dehne, W. Andres und G. Lüwelsmeier. Zum gleichen Zeitpunkt wurde bei der TG Werste durch die gute Jungendarbeit von Siegfried Schulz ebenfalls eine großartige Schüler- und später eine tolle Jugendmannschaft aufgebaut. Es entstand bei beiden Vereinen über Jahre eine grosse Rivalität. Aber dadurch trieben sich auch beide Clubs gegenseitig nach vorne. Teilnahme an zahlreichen deutschen Meisterschaften waren die Folge.

Wir hatten zu dieser Zeit einen riesigen Zulauf an Schüler und Jugendlichen. So nahmen 4 Jugend- und 2 Schülermannschaften am Spielbetrieb teil. Am 2. und 3. Juni 1979 fanden in Bad Oeynhausener Stadion Jugend- und Juniorenländerspiele statt. Ralf Vahle von Wöhren und J. Schulz , TG Werste, kamen hier zu Länderspieleinsätzen. Später wurden dann auch V. Stühmeier,  F. Thume und R. Steineberg zu internationalen Einsätzen im Juniorenbereich berufen.

1978 wechselte ein Großteil dieser erfolgreichen Jugendmannschaft in den Männerbereich und prompt wurden wir Meister in der Verbandsliga und qualifizierten uns ebenso wie die TG Werste für die Bundesligaaufstiegsspiele. Diese fanden am 17. und 18. 3.1979 in Bocholt statt. Wir hatten zusammen mit Werste einen Bus gemietet und waren gemeinsam angereist. Natürlich rechneten wir uns nicht viel aus, denn große Namen wie Leverkusen, Altona und Ahlhorn standen auf der Teilnehmerliste. Aber im ersten Spiel gegen Leverkusen kam alles anders. Die großen Mannschaften konzentrierten sich damals schon ausschließlich auf „das Wandspiel." Wir jedoch spielten ein System, wie auf dem Feld. Es wurden hauptsächlich „lange Bälle" auf die Hintermannschaft geschlagen. Die Leverkusener waren so verduzt über diese Spielweise, dass sie sich einfach nicht auf uns einstellen konnten und somit haben wir das Spiel gewonnen. Nach einem anschließenden Remis gegen Blexen wurden wir immer selbstbewusster und konnten auch die restlichen Spiele alle gewinnen. Ein Traum wurde war, wir waren in der Bundesliga. Die Mannschaft hiess damals R. Frenzel, P. Angres,  R. Vahle, J. Stobbe, W. Andres und K.-H. Fette. Auf der Rückfahrt im Bus frotzelten die Werster, die vorher ausgeschieden waren: „Ihr könnt Euch gar nicht richtig freuen." In der Tat, wir waren alle sehr still, jeder hing seinen Gedanken nach. Wir hatten eigentlich noch gar nicht begriffen, was passiert war. Wir spielten in der nächsten Hallensaison in der Bundesliga. Die Stimmung änderte sich dann aber schlagartig bei unserem Vereinswirt, den wir alle nur „Packo" nennen., denn er hatte zusammen mit H. Nottmeier schon einen tollen Empfang organisiert. Es wurde anschließend ein rauschendes Fest gefeiert.

Zum Auftakt der l. Bundesligasaison ging es nach Hamburg. Gegner waren TuS Hamburg und TV Eimsbüttel. Gegen das Angriffsspiel von P. Sievers als Schlagmann beim TuS zahlten wir viel Lehrgeld, aber anschließend gegen Eimsbüttel verloren wir nur knapp und etwas unglücklich. Den ersten Sieg gab es dann am darauffolgenden Tag gegen Kellinghusen. Der Gegner hatten uns total unterschätzt. Die Spieler kamen erst kurz vor Spielanfang ohne sich groß einzuspielen in die Halle und haben in einer spannenden Partie gegen uns verloren. Es zeigte sich aber in der Saison, dass unsere Mannschaft für die l. Liga noch „zu grün" war. Der Vorstand reagierte und bemühte sich um Verstärkung und so kam es, dass zum letzten Doppelspieltag der 16fache A-Nationalspieler Udo Berns verpflichtet werden konnte. Die Abstiegskandidaten mussten noch einmal gegeneinander spielen. In der ersten Begegnung gab es ein 24 : 24 gegen VfK Berlin. Ein Spiel, dass am Rande des Abbruchs stand, denn der Anschreiber hatte anstatt 6 : 4 für uns, 5 : 5 aufgeschrieben. Durch die Besonnenheit von Udo Berns verloren wir nicht den Faden und brachten dieses entscheidende Spiel ordnungsgemäß über die Bühne. Das 2. Spiel wurde gegen TKD Duisburg mit 23 : 21 gewonnen. Am Sonntag ging es dann zum TuS Dahlbruch. Wir spielten wie entfesselt und gewannen 23 : 13. Dahlbruch und Duisburg mussten dadurch absteigen. Der Klassenerhalt war geschafft. Ich erinnere mich noch genau, wie wir anschließend in der Kabine mit viel Sekt den Klassenerhalt gefeiert haben.

Auch in den darauffolgenden Jahren hieß unser Ziel weiterhin Klassenerhalt. Da unsere Angabe für Bundesligaverhältnisse nicht stark genug war, mussten wir meistens den Schlagmann anspielen. Eine mühselige Taktik, die den Zuschauern missfiel und für die wir oft kritisiert wurden.. Das änderte sich 1984 als V. Stühmeier,  TG Werste und F. Thume von der TG Witten zu uns kamen. Plötzlich hatten wir ein Spitzenteam, dass sich für Deutsche Meisterschaften qualifizierte. So gab es Teilnahmen am 25.2.1984 in Darmstadt mit einem 4. Platz, Mannschaft: Frenzel, Stühmeier, Sunderbrink, Thume, Vahle, Köhn, Bormann und Berns.

1985 in Lübbecke (Ausrichter: HV Wöhren) erreichten wir einen  6. Platz. Mannschaft: Frenzel, Stühmeier, Vahle, Steineberg, Sunderbrink, Thume, Bormann.

Am 1.3.1986 in Siegburg errangen wir einen 4. Platz. Mannschaft: Frenzel, Stühmeier, Sunderbrink, A. Schmidt, B. Köhn, R. Steineberg und R. Vahle.

Ein Teil der Spieler wechselte 1992 in die Altersklasse M 30. Hier wurde dann auch gleich die Teilnahme bei der DM in Wurmlingen erreicht. Nach katastrophalem Beginn (Niederlage 21 : 23 gegen Marne) steigerte sich die Mannschaft immer mehr und konnte in einem denkwürdigen Endspiel Ahlhorn mit 19 : 18 besiegen. HV Wöhren war zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte „Deutscher Meister." Die Mannschaft damals: Frenzel, Stühmeier, R. Vahle, Bormann, Steineberg und K:-H. Fette.

Dieses Kunststück konnte am 17.3.1996 in eigener Halle in Eidinghausen wiederholt werden. Nach dramatischen Entscheidungsspielen schaffte der HV letztlich im Endspiel ein sicheres 25 : 18 gegen Planegg-Krailing. Wöhren spielte mit Frenzel Stühmeier, Vahle, Steineberg, Schmidt und Bormann.

In letzen Jahr startete das Team in der M 40 Klasse und schaffte auch hier nach sehr guten Leistungen das Endspiel bei der DM in Diez. Der Gegner hieß wieder einmal Ahlhorn. Der HV begann furios und führte nach wenigen Minuten 7:3. Dann verletzte sich der Angreifer, R. Frenzel, mit einer Oberschenkelzerrung. Von dem Zeitpunkt an wirkte das Spiel der Wöhrener gehemmt und Ahlhorn konnte in der Verlängerung knapp gewinnen. Die Mannschaft: Frenzel, Stühmeier, R. Vahle, Sunderbrink, H. Rüter, Bormann und U. Jellentrup.

Ich bin sicher, dass unsere M 40-Mannschaft auch bei dieser kommenden Deutschen Meisterschaft in eigener Halle wieder begeisternden Faustball spielen wird

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